Die verschollene Boeing Kommentar von Prof. Dr. Benjamin Bierwirth, Experte für Luftsicherheit
Ein Kommentar von Prof. Dr. Benjamin Bierwirth, Experte für Luftsicherheit
Beitrag von Prof. Dr. Benjamin Bierwirth in Kommentar am 12. März 2014
Wir wissen nicht, was mit der verschollenen Boeing 777 passiert ist. Es gibt nur wenige plausible Möglichkeiten. Einerseits wäre dies ein Terrorakt. Das Flugzeug hat die Flugroute verlassen und ist auf eine Flughöhe unterhalb der Radarsysteme gesunken ohne über Gründe zu informieren. Im Fall einer Entführung hätten die verschlossenen Cockpittüren dem Pilot genug Zeit für einen Notruf geben müssen. Es gab jedoch offensichtlich kein Notsignal. Bei einem Bombenattentat hätten Trümmerteile in unmittelbarer Nähe des letzten Radarkontakts gefunden werden müssen. Auch dass keine Bekennerschreiben oder Forderungen aufgetaucht sind, macht einen Terrorakt weniger wahrscheinlich.
Andererseits könnte ein technischer Defekt einen Absturz verursacht haben. Auch hier ist das fehlen jeglicher Kommunikation untypisch; insbesondere, weil die Maschine eben nicht direkt abgestürzt ist. Die Piloten müssten also genug Zeit gehabt haben, um einen Notruf abzusetzen. Daraus ist zu schließen, dass die redundant vorhandenen Kommunikationssysteme ausgefallen sind.
Ein technischer Defekt der Kommunikationssysteme und anderer Systeme ist dennoch wahrscheinlicher. Es würde erklären, warum der Pilot die Flugroute änderte.
Prinzipiell vorstellbar, aber am unwahrscheinlichsten wäre eine Flugzeugentführung oder ein Raubüberfall unter Beteiligung der Besatzung. Dafür spricht, dass noch keine Indizien für einen Absturz gibt, also keine Trümmerteile gesichtet wurden. Dagegen spricht, dass man ein so großes Flugzeug nicht einfach verstecken kann. Man benötigt eine zumindest provisorische Landebahn und eine Umgebung, in der keiner die Landung mitbekommt. Das ist unwahrscheinlich.
Wo die verschollene Boeing 777 sich derzeit befindet, ist schwierig zu beantworten. Die Maschine hatte noch genug Treibstoff für mehrere Stunden weitere Flugzeit. Es wird wohl noch etwas dauern, da auch die Meeresströmung gegen die Suchkräfte arbeitet und die Teile jede Stunde weitertreiben.
Zwei Passagiere hatten gestohlene Pässe. Einen österreichischen und einen italienischen Pass. Ich nehme an, dass hier beim Abgleich des Fotos und der Person nicht korrekt vorgegangen wurde. Normalerweise muss der Grenzbeamte einen Abgleich durchführen und hier zumindest Verdacht schöpfen und diesem durch weitere Recherchen nachgehen.
An deutschen Flughäfen wäre dies nicht so leicht möglich. Hier werden zum einen alle Pässe mit den Personen verglichen – da sind unsere Beamte sehr streng – und zum anderen gleichen wir die Passdaten elektronisch ab. Dieser Datenabgleich hätte sofort ergeben, dass die Pässe gestohlen gemeldet sind.
Es gibt allerdings keine weltweite Datenbank. Daher ist es durchaus möglich, mit einem gestohlenen Pass eines weniger entwickelten Landes diesen Abgleich zu umgehen. Dennoch sind unsere Kontrollen sehr streng und je schwächer das Dokument, desto intensiver ist die Kontrolle des Grenzbeamten.
Natürlich könnte man den Abgleich der biometrischen Daten zur Pflicht machen, um die Sicherheit an Flughäfen zu erhöhen. Damit würde man automatisch und sicher falsche Personen erkennen. Auch eine zentrale Datenbank ist denkbar. Der Datenabgleich bringt aber immer auch datenschutzrechtliche Probleme mit sich und zudem muss auch die Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur bedacht werden. Die Sicherheits- und Grenzkontrollen sind schon jetzt für viele Reisende eine Beeinträchtigung. Intensivere Kontrollen würden das Reiseerlebnis weiter beeinträchtigen. Insbesondere, da man eine 100%ige Sicherheit nie erreicht.
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